Anfang 2017 haben wir begonnen uns mit Faust auseinanderzusetzen. Unser Ziel war es, herauszufinden was Goethes Idee und Botschaft hinter dem Werk ist. Schließlich mussten wir erkennen, dass es genau so ist, wie Goethe es gesagt hat: „aber es ist keine Idee, die dem Ganzen und jeder einzelnen Szene im besonderen zugrunde liege. Es hätte auch in der Tat ein schönes Ding werden müssen, wenn ich ein so reiches, buntes und so höchst mannigfaltiges Leben, wie ich es im ‚Faust‘ zur Anschauung gebracht, auf die magere Schnur einer einzigen durchgehenden Idee hätte reihen wollen.“
Es lassen sich immer wieder neue Aspekte finden und man ist mehr und mehr begeistert von der durchgängigen Komposition des Werks. Grob gesagt geht es in Faust I um das Streben und den Drang nach Wissen und Vollendung in sich selbst; in Faust II darum, dass Faust und Mephisto unterschiedliche Positionen in der Gesellschaft einnehmen. Da es nicht unsere Absicht war Faust im Nachhinein zu bebildern, sind wir den Schritt gegangen das Thema für Faust III zu bearbeiten. Was hätte Goethe bei einer Portierung in die Jetztzeit als großes Thema unserer Zeit aufgegriffen. Da es in den beiden ersten Teilen um unterschiedliche Aspekte von Entwicklung ging, soll dieser zentrale Gedanke fortgeführt werden. Entwicklung findet heute zu großen Teilen in der digitalen Welt statt. Die tatsächliche Entwicklung weicht der Selbstinszenierung; es ist nicht nötig Positionen real einzunehmen, es genügt sich in ihnen zu inszenieren. Das faustische Streben weicht dabei dem sinnentleerten Streben nach mehr. Dementsprechend inszenieren wir uns in den handlungstragenden Figuren aus Faust und stellen dies in den Mittelpunkt unserer Arbeit. Dadurch sind wir letztlich doch bei einer Illustration gelandet – aber einer Illustration, die nicht aus der oberflächlichen Szene kommt, sondern aus der Tiefe des Werks inspiriert ist.